Handel im Wandel
20.11.2020 - 15:38
Der Handel hat sich gewandelt. In Zeiten absoluter Preistransparenz werden zusätzliche Dienstleistungen und eine effiziente Logistik immer wichtiger. Das bestätigen drei befragte Unternehmen: die Arthur Weber AG in Seewen, die PVA AG in Altendorf und die Firma Edelvetica in Siebnen.
«Unser Geschäft hat sich in den letzten Jahren definitiv verändert», bestätigt Christoph Weber. Er steht seit bald 20 Jahren an der Spitze der Arthur Weber AG in Seewen. Das Unternehmen handelt mit Produkten für Bau und Handwerk. Der Grund sei allerdings nicht die viel zitierte Digitalisierung. «EDV kennen wir schon seit 40 Jahren, und auch Onlineshops existieren schon lange», erklärt er. Zugenommen habe jedoch die Transparenz in Bezug auf Qualität, Verfügbarkeit und Preis. «Ein Kunde sieht heute mit wenigen Klicks, wo welches Produkt zu welchem Preis verfügbar ist. Das macht es zunehmend schwierig, sich gegenüber der Konkurrenz ein Alleinstellungsmerkmal zu erarbeiten. Über den Preis allein gelingt das kaum mehr, vor allem nicht in der Baubranche, wo der Preisdruck heute schon enorm ist. Diesen Druck auf die Margen spüren wir ganz direkt auch im Handel.»
Preistransparenz
Die Preistransparenz führt dazu, dass die umfassende Beratung an Bedeutung gewonnen hat. Das wiederum verlangt von den Mitarbeitenden ein höheres Engagement. «Die Menschen mit ihrer Kompetenz, ihrer Leidenschaft machen für ein Unternehmen den Unterschied aus», ist Christoph Weber überzeugt. Es brauche Mitarbeitende, die nicht bloss «ihren Job machen». So könne man den gewünschten Zusatznutzen für die Kunden erzielen, eine hohe Qualität der Produkte, gepaart mit einer hohen Qualität der Dienstleistungen. «Wer schneller und agiler ist und die beste Mannschaft hat, ist erfolgreich im Markt.»
«WER SCHNELLER UND AGILER IST UND DIE BESTE MANNSCHAFT HAT, IST ERFOLGREICH IM MARKT.»
Christoph Weber, Vorsitzender der Geschäftsleitung
Strukturbereinigung
Noch in einer anderen Hinsicht habe sich der Handel verändert, stellt Christoph Weber fest: «Die Märkte waren früher viel lokaler als heute. Die Einzugsgebiete haben sich erweitert. Hin- zu kommen neue Kundenbedürfnisse. Die Erwartungen an die Logistik sind gewaltig gestiegen. Lieferungen innert 24 Stunden sind heute schon fast Standard.» Die höheren Anforderungen in Bezug auf Logistik, Sortiment oder Garantieleistungen sowie der enorme Preiskampf führen dazu, dass die Kleinen im Markt immer mehr Mühe bekunden. In der Handelsbranche, speziell für das Bau- und das Baunebengewerbe, findet derzeit eine eigentliche Strukturbereinigung statt. Immer mehr kleine Anbieter geben auf oder werden von grösseren Partnern übernommen.
«Es ist ein eigentlicher Verdrängungswettbewerb im Gange, denn der Markt wächst nicht», stellt Christoph Weber fest. «Als Familienunternehmen hat die Arthur Weber AG einen grossen Vorteil. Sie verspürt keinen Dividendendruck der Aktionäre, sondern kann immer wieder ins Unternehmen investieren.» Das er- klärt auch das markante Wachstum der Firma in den letzten Jahren.
PVA AG mit «Spektrum Holz»
Die PVA AG in Altendorf ist ebenfalls für die Baubranche tätig. «Spektrum Holz» beschreibt ihr Angebot. Sie beliefert Handwerksbetriebe mit Holzwerkstoffen, Platten, Bodenbelägen sowie Türen und Terrassendielen. Zu ihren Kunden zählen in erster Linie Schreinereien, Zimmereien, Holzbauer, aber auch Parkett- und Bodenleger oder Dachdecker. Das Marktgebiet erstreckt sich auf etwa 80 Kilometer rund um Altendorf, also die Zentralschweiz, die Ostschweiz und den Kanton Zürich. «Wir konzentrieren uns bewusst auf diese Region», erklärt Geschäftsführer Kurt Lendi. «Wir sind hier gut positioniert und können unsere Kunden hier täglich mit unserer eigenen Lkw-Flotte beliefern.»
HOLZ - BAUSTOFF MIT ZUKUNFT
Holz ist der mit Abstand wichtigste nachwachsende Rohstoff der Schweiz. «Dank der kontinuierlichen Forschung und Entwicklung wird Holz im Baubereich immer mehr zum innovativen Werkstoff und erfüllt alle Anforderungen des modernen Bauwesens. Ingenieurstechnik und Brandschutz ermöglichen es mittlerweile, selbst Hochhäuser problemlos im Holzbau zu erstellen», erklärt Kurt Lendi. Marcel Schuler ergänzt: «Mit vorfabrizierten Elementen kann zudem deutlich schneller gebaut werden – was frühere Erträge ermöglicht und die Bauweise auch für Investoren interessant macht.» Die Ökobilanz und das hervorragende Raumklima sprechen ausserdem für sich.
Just in time
Die PVA AG ist als Handelsunternehmen die Drehscheibe zwischen den Lieferanten aus dem In- und Ausland und den Profihandwerkern. Handwerksbetriebe haben heute kaum mehr ein ei- genes Lager. Diese Funktion übernimmt die PVA. «Wir verfügen über rund 7000 Quadratmeter Lagerfläche mit einem vollautomatischen Hochregallager für Plattenmaterialien. Die Kunden wollen bis Feierabend bestellen und die Ware am nächsten Morgen verarbeiten. «Logistik ist eine unserer Kernaufgaben und tägliche Herausforderung zugleich», sagt Marcel Schuler. Er ist seit Sommer dieses Jahres Verwaltungsratspräsident der PVA AG. «Wir erfassen die Aufträge, kommissionieren innert kürzester Frist die Waren und liefern sie mit der eigenen Fahrzeugflotte aus, teilweise just in time auch mit Kranablad auf die Baustelle.»
«DIE KUNDEN WOLLEN BIS FEIERABEND BESTELLEN UND DIE WARE AM NÄCHSTEN MORGEN VERARBEITEN.»
Marcel Schuler, VR-Präsident
Die Waren werden innert kürzester Frist kommissioniert und ausgeliefert.
Kundenberater
Auch die PVA AG spürt, wie sich das Handelsgeschäft in den letzten Jahren gewandelt hat. Der permanente Preis- druck zwingt zur Automatisierung und Rationalisierung, wo immer möglich. «Und», erklärt Marcel Schuler, «erstklassige Produkte und gute Preise setzen die Kunden mehr oder weniger voraus. Umso wichtiger sind Faktoren wie Verfügbarkeit, Beratung und Verlässlichkeit.» Auch in Zeiten von Internet und Onlineshop beschäftigt die PVA AG des- halb nach wie vor sieben Aussendienstmitarbeiter. Sie sind alle gelernte Handwerker und stehen den Kunden jederzeit beratend zur Seite.
Showroom in Altendorf
Im Showroom in Altendorf werden auf über 500 Quadratmetern Privatpersonen mit einem Bauvorhaben, Architekten, Planer und Investoren zu den Themen Bodenbeläge, Türen und Terrassen- dielen beraten und bemustert. Seit gut 20 Jahren hat die PVA AG auch einen eigenen Onlineshop. Lediglich 10 Prozent der Bestellungen werden über diesen Kanal getätigt. Der Onlineshop ist jedoch auch eine perfekte Informationsquelle. Er ermöglicht den Kunden Preisinformationen, Einsicht in laufende Angebote, Bestellungen und Rechnungen, detaillierte Produktevergleiche oder Infos über Lagerverfügbarkeit und Lieferfristen. «Der anstehende Generationenwechsel in vielen Handwerksbetrieben wird die Relevanz eines benutzerfreundlichen Online- shops in den nächsten Jahren bestimmt erhöhen», erklärt Marcel Schuler.
Edelvetica verbindet Eleganz mit Tradition
Die Handelsbranche hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Die jüngere Generation nimmt diesen Wandel nicht bewusst wahr. Es kümmert sie wenig, was gestern war. Onlineshops sind für sie eine Selbstverständlichkeit. Wer eine Ware sucht, findet sie bestimmt im Inter- net, kann die Preise vergleichen und sie dort bequem bestellen. Damit ist man aufgewachsen. Die Jungen sehen viel- mehr die Chancen, die ihnen das welt- weite Netz bietet. Einer, der diese Möglichkeiten sehr geschickt und kreativ nutzt, ist Valentin Pfister aus Tuggen. In den letzten drei Jahren hat er sich praktisch aus dem Nichts einen Onlinehandel aufgebaut. Edelvetica nennt sich der virtuelle Shop. Sein Angebot: elegante, jugendliche Mode mit einem Touch von Swissness.
Valentin Pfister (links) und sein Cousin Lukas Steinauer bilden seit Januar 2019 das Edelvetica Team.
Gute Marktchancen
Als Bauernsohn ist er mit traditionellen Schweizer Werten verbunden. Er liebt und schätzt seine Heimat. Das möchte er auch zeigen, aber nicht auf eine aufdringliche oder gar plumpe Art. Mit einem grossen Schweizerkreuz auf der Brust herumzulaufen oder sich den ganzen Tag im Edelweisshemd zu zeigen, ist nicht sein Ding. Aber welche modischen Angebote gibt es sonst? Keine, hat er festgestellt. «Dann kreiere ich halt selbst ein T-Shirt nach meinen Vorstellungen», sagte er sich, obwohl er zuvor noch nie mit der Modebranche in Kontakt gekommen war. Er ist gelernter Konstrukteur und Entwickler, war dann Fitnesstrainer und arbeitet immer noch auf dem elterlichen Hof mit. 2017 hat ihm seine Tante geholfen, in mühevoller Handarbeit vier T-Shirts mit Edelweissstickereien zu verzieren. Als er sich damit zeigte, hiess es in seinem Umfeld schnell: «Wow, wo hast du die her, kannst du mir auch welche besorgen?» Für ihn war das ein deutliches Zeichen, dass er mit dem Wunsch nach traditionsverbundener, aber dennoch moderner Bekleidung nicht alleine dastand, dass ein Markt dafür vorhanden war.
2017 ging der Shop Edelvetica online. Das Budget der jungen Firma war sehr bescheiden. Die Shirts liess er extern produzieren, aber sonst machte Valentin Pfister alles selber, teilweise halfen ihm Verwandte oder Freunde. Auch die Website kreierte er im Alleingang. Ohne Programmierer? «Kein Problem», meint er. «Heute gibt es so viele gute Vorlagen und Tools im Web. Man kann alles herunterladen, was man benötigt.» 2018 gründete Valentin Pfister seine eigene Firma, die VJP GmbH. Ein Jahr später er- folgte der Umzug nach Siebnen. Dort stehen nun rund 250 Quadratmeter Fläche für Lager und Büros zur Verfügung. Aber noch immer heisst es: Die Fixkosten müssen tief bleiben. Das gilt auch für die Werbung. Aber irgendwie müssen potenzielle Käuferinnen und Käufer ja auf das Angebot von Edelvetica stossen. Wie macht er das? Wiederum alles online, über die sozialen Medien wie Face- book, Instagram oder TikTok.
Werbung über die sozialen Medien
Allerdings kann Valentin Pfister in diesem Bereich so etwas wie einen Heimvorteil nutzen. Als ehemaliges Model für den Bauernkalender hatte er beim Start von Edelvetica bereits rund 30 000 Follower auf Instagram, sein Bruder nochmals etwa 20 000. Das ergab schon eine ansehnliche Reichweite für Werbung. Die schaltet er auch auf Facebook. Mit frechen, witzigen Videos gelingt es ihm, die Klicks auf den Social-Media-Kanälen noch weiter zu multiplizieren. Eines seiner Videos wurde gar auf «20 Minuten» thematisiert. Das hat ihm beispielsweise 30 000 Klicks auf seiner Website eingebracht, ohne dass der Text verlinkt gewesen wäre. Beachtlich. Valentin Pfister versteht, wie das Geschäft im Internet abläuft, das merkt man schnell. Auch als Nutzer der sozialen Medien hat er eine gute Nase dafür, was beim Publikum gut ankommt und möglichst viele Klicks erzeugt.
Das Internet hat die Handelsbranche verändert. Die junge Generation weiss, wie man den Wandel optimal nutzt.
Weitere Informationen finden Sie hier:
www.arthurweber.ch
www.pva.ch
www.edelvetica.ch